Warnemuender Woche Warnemuende

09.07 - 11.07.2004 Die Regel "Der fünfte der ersten Wettfahrt schreibt den Bericht" wird erweitert um "Wenn der fünfte der ersten Wettfahrt nach der ersten Wettfahrt nach Hause fährt, schreibt der sechste der ersten Wettfahrt". Das ist jedenfalls der Grund, warum der Bericht von mir kommt und nicht von Jens Hufnagel, den wir im ersten Lauf auf der Ziellinie um einen halben Meter vorgelassen hatten, um nur ja nicht den Bericht schreiben zu müssen - die Taktiererei hätten wir uns sparen können.

Freitag:
Morgens gemütlicher Bootsaufbau von 18 505ern im netten Kreis von Europes, Piraten, 470ern, Finns und OK-Jollen. Die jungen Hühner aus den Europes haben die vorderen Meter des Laufstegs für sich reserviert. Drängeln sinnlos, kein Durchkommen.
Die insgesamt 12 geplanten Wettfahrten werden praktische schon im Ansatz vereitelt, weil sich die Ostsee gleich am ersten Wettfahrttag zwar von ihrer sonnigen, aber auch windfreien Seite zeigt. Die angeblichen 1-2 Windstärken wandeln sich schnell zu einer Übertreibung der Wettfahrtleitung - die Luvtonne nach der Startkreuz markierte das Ende des ersten Wettfahrtversuchs.

Nach einem späten zweiten Frühstück an Bord und einem Mittagsschlaf im Schatten des Startschiffes regte sich wieder Wind. Nach zwei Runden mit angestrengter Stimmung zumindest bei uns an Bord (viel zu warm angezogen, Spi steht nicht, usw.) und Rangeleien um die Plätze vier, fünf und sechs

Zieleinfahrt: Lutz Stengel und Frank Feller weit vorne, Jürgen Waldheim und Martin Maal ungefährdet zweite und Alex Cross und Falko Braun relativ ungefährdet dritte.
Zu mehr hat es nicht gereicht an diesem Freitag, also wieder zurück auf die billigen Plätze an Land hinter den Europes.

Das Abendprogramm teilt sich in die Grillfraktion, die die Solings beim Aufessen von Steaks im Gegenwert von 300 Euro unterstützen muss, und die TexMex-Gruppe um Jürgen Waldheim, der einen Tisch für die Berliner Trainingsgruppe klargemacht hat und diese um weitere Bundesländer erweitert (zumindest für den Abend).
Später dann Warnemünder Wochenhalligalli am Strand (mittlerweile kalt und
regnerisch) mit einer Kopie von Roxy Music auf großer Bühne (sonst als Vorgruppe von Status Quo im Hansa-Stadion zu finden), Lautstärkenregler bis zum Anschlag und Lübzer Pils aus Plastikbechern (Plastebecher, wie man auch sagt). Irgendwann war das warme Bett die bessere Alternative.

Samstag:
Ordentlich Wind, die 5-6 Windstärken mit Böen von 7 der Wettfahrtleitung gehen diesmal eher als Untertreibung durch. Jens Hufnagel verabschiedet sich mit den Worten "Gibt gar keinen richtigen Wind mehr heutzutage, nur noch aus oder an" und dem Verweis auf seinen Mast aus der Wettfahrt.

Der Rest startet pünktlich um 11, einige auch ein bisschen später, es ist halt alles nicht mehr so einfach wie am Vortag. Die Wellen haben sich über Nacht ordentlich aufgebaut, man muss schon aufpassen, dass man nicht von der Kante gespült wird. Das gelingt nicht durchgehend, irgendwann sitze ich meinem Steuermann Rainer auf den Schultern, der das so nicht erwartet hat. Ein schwungvoller Abgang endet mit einem Fuß im Gross ("gibt gar keine richtigen Segel mehr heutzutage, entweder heil oder kaputt"), den Rest des Materials schonen wir nach Ende der Wettfahrt lieber und ziehen uns an Land zurück. Was genau vorne los war bei der Wettfahrt, kann ich nicht sagen - wir waren nicht nah genug dran. Lutz und Frank gewinnen, detaillierte Informationen liefert der Ergebnisroboter.

Die beiden weiteren Wettfahrten an Tag 2 laufen nach ähnlichem Muster, von der Mole beobachten wir nach Ablieferung des Segels beim Segelmacher den Einlauf der Boote (zu diesem Zeitpunkt nur noch 10).
Abends sind die Spuren des Tages sichtbar - die Runde löst sich recht früh auf und vertagt sich.

Sonntag:
Wieder ordentlich Wind, die 6-7 Windstärken mit Böen von 8 der Wettfahrtleitung treffen die Angelegenheit recht präzise.
Bei uns bricht auf den Raumkursen eine Kombination von Geschwindigkeitsrausch und Überlebenswille aus - das Wort "Spinnaker" kostet fünf Euro in die Mannschaftskasse. Was der Rest macht, sehe ich nicht mehr - irgendwo vorne fahren wahrscheinlich wieder die üblichen Verdächtigen, ich bilde mir ein, ein paar bunte Flecken gesehen zu haben - vielleicht hat ja doch noch der eine oder andere den Spi gezogen. Das Meer wird so eng wie eine Mecklenburger Allee bei Tempo 190 (neben uns ein Boot, hoffentlich machen die keinen Scheiß...). Irgendwann ist dann alles vorbei, auf eine weitere Wettfahrt wird verzichtet, weil der Wind noch ein wenig zulegt. Jetzt bloß nicht noch auf dem Nachhauseweg den Mast zu Schrott fahren (dann wäre die Mannschaftskasse wieder leer).

An Land dann gelöste Stimmung. Jürgen Waldheim hat sich seine zweiten Platz in diesem Lauf teuer erkauft - durch das Loch in seinem Segel passt locker eine Einbauküche. Lutz und Frank haben den sauberen Durchmarsch auf dem Heimatrevier geschafft - fünf erste in fünf Wettfahrten.

Zur Siegerehrung gibt es Autokühlschränke, Computertastaturen und ein richtiges Treppchen. Auf dem stehen am Ende Lutz und Frank ganz oben, ein bisschen tiefer Klaus Heeschen und Stefan Schmidt mit einer Serie von zweiten Plätzen am zweiten Tag und noch ein bisschen tiefer Alex Cross und Falko Braun.

Das Jägerschnitzel "Mecklenburger Art" (Jagdwurst paniert und gebraten) erinnert mich auch noch kurz vor Dortmund an drei seglerisch und kulinarisch abwechslungsreiche Tage in Warnemünde.

Falk Stenger
GER 8441